Gottesdienst

Wochenlied und Wochenpsalm, liturgische Farben, Festkalender – das Kirchenjahr spiegelt sich nicht nur aber besonders im Gottesdienst wieder. Doch was geschieht dort? Es gibt viele gute Gründe, den Gottesdienst zu besuchen. Sabine S. aus Hannover beispielsweise möchte, dass ihre kleine Tochter positiv durchs Leben geht und Werte wie Nächstenliebe und Rücksicht lernt. Jan aus Nürnberg trifft gerne seine Kumpels – auch am Sonntagabend. Helga M. aus Leipzig freut sich jedes Wochenende auf die Gemeinschaft in der Kirche – und auf den anschließenden Kirchenkaffee. Und Holger Z. aus München möchte einen Impuls für die kommende Woche mitnehmen und diskutiert hinterher gerne noch mit der Pfarrerin über die Predigt.

Gottesdienste können bunt und vielfältig sein, wie hier in der Weidenkirche in Pappenheim. © Wolfgang Noack

Vier Menschen, vier verschiedene Erwartungen an den Gottesdienst. Woche für Woche besuchen in Deutschland etwa 900.000 Menschen einen evangelischen Gottesdienst. Die Gründe dafür sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst: Ausrichtung für die neue Woche, gemeinsames Feiern und Singen, Begegnung mit Gott und immer wieder das Erlebnis der Gemeinschaft unter Mitchristen.

Zentral: Wort Gottes und Sakramente

Was für Martin Luther und die Reformatoren das Wesen der Kirche ausmacht: das Hören auf Gottes Wort und das Empfangen der Sakramente, geschieht in besonderer Weise im Gottesdienst. Deshalb wird die sonntägliche Feier oft auch als zentrale Veranstaltung der Kirchengemeinde angesehen.

Die Mitgliedschaftsuntersuchung der EKD scheint dem Recht zu geben: Für ihre Mitglieder und auch für Außenstehende ist die Evangelische Kirche zunächst durch ihre gottesdienstlichen Handlungen bedeutsam. Dabei wird allerdings eher an besondere Gottesdienste im Jahreskreis und an eine Begleitung an Lebensübergängen gedacht. Millionen von Menschen besuchen in Deutschland jährlich einen Gottesdienst an Heiligabend. Gottesdienste zur Taufe und zur Trauung sind für viele Menschen wichtige Daten in der Familiengeschichte.

Ein komplexes Gesamtkunstwerk

Ein Gottesdienst folgt einer klug durchdachten und jahrhundertelang tradierten Dramaturgie. Er inszeniert die Grundfragen des Glaubens wie Zweifel, Hoffnung, Dank, Klage und Bitte. Es ist Zwiesprache zwischen Gott und den Menschen. Er ist Unterweisung, Lehre und Bibelstudium. Er nimmt traditionelle geschichtliche Ausdrucksformen ebenso auf wie moderne und zeitgenössische.

Um sich in diesem Gesamtkunstwerk gut bewegen zu können, bedarf es nicht nur einer gewissen Übung und Praxis, sondern auch ein wenig Erklärung dessen, was im Gottesdienst geschieht. Die so genannte Grundform 1 aus dem evangelischen Gesangbuch ist die klassische Form eines Gottesdienstes, wie sie derzeit am häufigsten in den Gemeinden gefeiert wird.

Der Ablauf kann in folgende Bereichen eingeteilt werden: Eröffnung und Anrufung – Verkündigung und Bekenntnis – Abendmahl - Sendung und Segen. Mehr dazu unter: bayern-evangelisch.de.

Alle modernen Formen orientieren sich gewissermaßen an diesen Grundelementen und gestalten sie je nach Anlass und Zielgruppe weiter.

Wer dient wem?

Längst wird in der protestantischen Kirche Gottesdienst nicht mehr als Pflicht gegenüber Gott gesehen, eine Leistung, die ein Christ erbringen muss. Es ist vielmehr ein Bedürfnis, im Beten Hören und Singen Gott nahe zu kommen. Der Begriff Gottesdienst ist deshalb manchmal missverständlich. In erster Linie ist es Gott, der den Menschen dient und sie mit seinem Wort und seiner Gegenwart bereichert. Dieser Dienst gilt auch den Menschen, die Gott noch nicht begegnet sind. Aber auch der Mensch dient Gott – wenn er dankbar Gottes Dienst annimmt und ihm die Ehre gibt.