Gebet und Andacht am Palmsonntag

Nach einer Idee von Dr. Johannes Goldenstein (VELKD)


Vorbereiten

Die Glocken läuten.

Palmsonntag. Heute beginnt die Karwoche.
Die „heilige Woche“, sagen manche.
Sie führt uns durch die Tage, an denen wir das Leiden und
Sterben Jesu bedenken, hin zum Fest seiner Auferstehung: Ostern.

Aus der Vereinzelung und der Distanz,
die in diesen Tagen im Jahr 2020 von uns verlangt ist,v machen wir uns mit Jesus auf den Weg.

Anfangen

Lass uns in Liebe und im Glauben an deiner Seite
durch diese Woche gehen, Herr Jesus Christus.

Hilf uns dich in deinem Leiden zu begleiten und
lass uns Anteil haben an deiner Auferstehung.

Amen.

Den Wochenpsalm beten

Ich bete mit Worten aus dem 69. Psalm:

Gott, hilf mir! /
Denn das Wasser geht mir bis an die Kehle. *
Ich versinke in tiefem Schlamm, wo kein Grund ist;

Meine Augen sind trübe geworden, *
weil ich so lange harren muss auf meinen Gott.
Ich aber bete, Herr, zu dir zur Zeit der Gnade; *
Gott, nach deiner großen Güte
erhöre mich mit deiner treuen Hilfe.

Ich warte, ob jemand Mitleid habe, aber da ist niemand, *
und auf Tröster, aber ich finde keine.
Sie geben mir Galle zu essen *
und Essig zu trinken für meinen Durst.

Ich aber bin elend und voller Schmerzen. *
Gott, deine Hilfe schütze mich!

Psalm 69,2.3a.4b.14.21-22.30

Ein Lied singen

Singen tut gut.
Ganz gleich, ob mehrere es tun, oder ich für mich.
Manchmal reicht es vielleicht schon, den Liedtext zu lesen
und dabei die Melodie zu summen oder zu hören.

Eines der beiden Wochenlieder für den Palmsonntag
ist das Lied Nr. 14 im Evangelischen Gesangbuch:
„Dein König kommt in niedern Hüllen“.

Es ist dort dem Advent zugeordnet – so wie die Erzählung
vom Einzug in Jerusalem außer am Palmsonntag auch
am 1. Sonntag im Advent im Gottesdienst gelesen wird.

EINE ALTERNATIVE: Bekannter ist das Lied
„Wie soll ich dich empfangen“
(Evangelisches Gesangbuch, Nr. 11),
das auch auf den Einzug Jesu in Jerusalem Bezug nimmt.
Es lässt sich am Palmsonntag gut auf die Melodie
„O Haupt voll Blut und Wunden“
(Evangelisches Gesangbuch, Nr. 85 – spätere Form) singen.

Auf Gottes Worte hören

Im Evangelium nach Johannes im 12. Kapitel lese ich:

Als die große Menge, die aufs Fest gekommen war, hörte, dass
Jesus nach Jerusalem kommen werde, nahmen sie Palmzweige
und gingen hinaus ihm entgegen und schrien: Hosianna!
Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von
Israel! Jesus aber fand einen jungen Esel und setzte sich darauf,
wie geschrieben steht (Sacharja 9,9):
»Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein König kommt
und reitet auf einem Eselsfüllen.«
Das verstanden seine Jünger zuerst nicht; doch als Jesus verherrlicht
war, da dachten sie daran, dass dies von ihm geschrieben
stand und man so an ihm getan hatte. Die Menge aber, die bei
ihm war, als er Lazarus aus dem Grabe rief und von den Toten
auferweckte, bezeugte die Tat. Darum ging ihm auch die Menge
entgegen, weil sie hörte, er habe dieses Zeichen getan.
Die Pharisäer aber sprachen untereinander:
Ihr seht, dass ihr nichts ausrichtet; siehe, alle Welt läuft ihm nach.

Johannes 12,12-19

Ein Impuls zum Nachdenken

Es waren Krisenzeiten damals. Das Land Israel war von den
Römern besetzt, es herrschten Willkür und Unterdrückung.
Die Menschen sehnten sich nach Freiheit. Die Evangelien
lassen davon etwas durchblicken, wenn sie Geschichten von
Zöllnern und Steuereintreibern erzählen oder von den Soldaten
des Herodes. Schon viele Heilsbringer waren aufgetreten,
aber sie hatten nur neue Gewalt gebracht und waren am Ende
gescheitert.

Und nun kam Jesus von Nazareth. Erneut regten sich Hoffnungen,
gingen die Wogen der Begeisterung hoch. Die Menschen
legten Zweige vor ihm auf die Straße, wie vor einem König. Und
sie begrüßen ihn Worten aus dem 118. Psalm: „Hosianna dem
Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!“
In dieser Szene ist manches wiederzuerkennen, was auch uns
in diesem Jahr bewegt. Eine Krisenzeit. Die Sehnsucht nach
Aufhebung der einschränkenden Maßnahmen. Die Hoffnung,
dass Politiker und Wissenschaftler einen guten Weg finden,
Gesundheit und Bewegungsfreiheit miteinander zu verbinden.
Und auch wir greifen auf vertraute Muster zurück, sprechen
Gebete, kaufen ein, telefonieren mit Freunden, stellen Blumen
in unsere Balkonkästen.

Am Ende mussten die Menschen damals begreifen, dass es
anders weiterging, als sie dachten. Jesus wurde nicht zum
König gekrönt, sondern wurde gekreuzigt und stand vom Tod
wieder auf. Er brachte keine neue Gewalt, sondern Frieden.
Er veränderte die Welt. Auch aus unserer Krise werden wir
verändert hervorgehen. Unsere Erwartungen, dass die Zukunft
so ähnlich wie die Vergangenheit vor der Krise sein soll, werden
sich verändern müssen. Dabei stehen uns Nöte vor Augen,
wenn wir an die Kranken denken und an die Wirtschaft, die sich
nur mühsam erholen wird. Aber vielleicht werden wir freundlicher
miteinander umgehen, wird das Tempo ein wenig langsamer,
werden Ansprüche bescheidener.

Doch es gibt nichts zu beschönigen oder zu romantisieren.
Die Strecke, die vor uns liegt, wird noch beschwerlich.
Aber wir sind auf diesem Weg nicht allein. Und der Weg ist
gebahnt: Mit Jesu Gang durch die Tiefen des Leidens,
durch den Tod und weiter in ein neues Leben ist Hoffnung
am Horizont. Aus jeder Krise ersteht Leben neu.
Aber anders als vorher, verwandelt. Am Ende wird uns einer
mit offenen Armen erwarten, ans Herz drücken und ewige
Freude schenken.

Vizepräsident Dr. Horst Gorski, Hannover

Beten

In der Stille bringe ich all das vor Gott,
was mein Herz gerade bewegt.
Weil es mich dankbar macht.
Weil es mich beschwert.
Weil es mich hilflos lässt.
Stille.

Wir hören deine Geschichte, Herr,
und folgen dir auf deinem Weg.
Wir gehen hinauf zur Stadt.
Wir warten im Garten.
Führ uns in diese heilige Woche.

Wir leben im Angesicht des Todes.
Wir hoffen auf die Auferstehung.
Führ uns zum Leben.

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Amen.

Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, + Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.

Amen.

Bibeltexte nach dem Wortlaut der Lutherbibel, revidiert 2017,
© 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

Zusammenstellung der Liturgie:
Oberkirchenrat Dr. Johannes Goldenstein, Hannover


Weitere Informationen für die Teilnahme an gottesdienstlichen Feiern in der aktuellen Situation finden Sie auf der Seite „Kirche von zu Hause“.

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